Steht die Rekrutenschule meiner Karriere im Weg?
Veröffentlicht am 08.06.2023 von Marcel Penn, Marketing- und Verkaufsleiter Classifieds - Bildquelle: Getty Images
Die Wehrpflicht schränkt viele Männer in der Schweiz beruflich ein, weil viele Unternehmen keine
Lehrabgänger ohne eine bereits absolvierte Rekrutenschule einstellen möchten. Der Militärdienst
ist demnach für viele junge Schweizer ein Stolperstein für das berufliche Fortkommen.
Die Jobaussichten sind durch die Rekrutenschule stark eingeschränkt
Wer die Rekrutenschule noch nicht hinter sich gebracht hat, muss sich darauf einstellen, bei der
Jobsuche Abstriche zu machen. Denn viele Unternehmen - vor allem kleinere Betriebe oder internationale Unternehmen - vermeiden es, Lehrabgänger ohne absolvierten Militärdienst
einzustellen. Die Jobaussichten dieser jungen Männer sind dadurch stark eingeschränkt. Wer
beispielsweise bei der Swiss eine Anstellung als Kabinenpersonal anstrebt, hat schlechte Karten:
Ohne Rekrutenschule bleibt die Karriere - zumindest vorläufig - am Boden. Denn durch einen
wochenlangen Ausfall verlieren die Arbeitnehmer die Qualifikation, was aus Sicht des Unternehmens ein zu grosses Risiko darstellt.
Ein Umdenken bei einigen Betrieben ist allerdings erkennbar. Denn welches Unternehmen kann es sich in Zeiten akuten Personalmangels noch leisten, gute und qualifizierte Bewerber abzulehnen? Die Tatsache, dass die Ausgleichskasse einen Teil des Lohnes ersetzt, der durch den militärdienstbedingte Ausfall entsteht, entschädigt darüber hinaus zumindest auf finanzieller Ebene. Auf organisatorischer Ebene ist es jedoch immer noch eine Gratwanderung, wenn man als kleiner Betrieb bis zu 21 Wochen auf einen dringend benötigten Mitarbeiter verzichten muss.
Ungleichstellung durch Wehrpflicht
Was lange üblich war, wird auf den Prüfstand gestellt. Denn die Ungleichheit durch die
Geschlechtsidentität erleben viele Männer zunehmend als Diskriminierung. Auch die Fachstelle für
Gleichstellung Zürich sieht es als gesetzlich verankerte Ungleichstellung, dass alle jungen Männer
in der Schweiz den Militärdienst zwingend leisten müssen, während Frauen dies auf freiwilliger
Basis selbst entscheiden können. Die beruflichen Nachteile, die sich nach wie vor für männliche
Staatsbürger ergeben, sind immens. Eine Veränderung in diesem Bereich wird momentan öffentlich diskutiert und ist in der Zukunft zu erwarten.
In der Schweiz schwindet die Solidarität für die Wehrpflicht
Bei dieser Diskussion wird deutlich, dass die Solidarität für den gesetzlich verankerten
Militärdienst in der Schweizer Bevölkerung schwindet. Immer weniger Menschen in der Schweiz halten einen verpflichtenden Militärdienst für eine sinnvolle Einrichtung. Das Bundesgesetz sieht
allerdings vor, dass jeder Schweizer militärdienstpflichtig ist. Die Lösung könnte ein
Militärdienst sein, für den sich sowohl Männer als auch Frauen freiwillig verpflichten können.
Dadurch würden berufliche Nachteile für junge Schweizer durch die Rekrutenschule der Vergangenheit angehören.