Zuwanderung: Katalysator des Wachstums oder Prüfstein für den Schweizer Arbeitsmarkt?
Veröffentlicht am 17.08.2023 von Marcel Penn, Marketing- und Verkaufsleiter Classifieds - Bildquelle: Getty Images
In einem Jahr, das die Schweiz gemäss SWI swissinfo.ch zum Neun-Millionen-Land aufsteigen sehen wird, schwingt sich die Frage auf, ob die Zuwanderung ein starker Pfeiler unserer florierenden Wirtschaft ist oder ob sie vielmehr einen gewichtigen Belastungsfaktor für unser soziales Gefüge darstellt. Die Zuwanderung als Triebfeder des ökonomischen Fortschritts
Die markante Zunahme der Schweizer Bevölkerung, ein Wachstum, das im Vergleich zu anderen
europäischen Nationen beispiellos erscheint, ist hauptsächlich auf Zuwanderung zurückzuführen.
Dieser bemerkenswerte Zustrom von Menschen wird weithin als unerlässlich für das wirtschaftliche Wohlergehen unseres Landes und die nachhaltige Sicherheit des Alters- und Hinterlassenenversicherungssystems (AHV) angesehen. Die bevorstehende Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation zwingt uns, ein zunehmendes Kontingent an Arbeitskräften zu mobilisieren, um die finanzielle Stabilität der AHV zu gewährleisten und das wohlverdiente Rentenalter der zahlreichen Pensionäre zu sichern.
Erörterung über das angemessene Ausmass der Migration
Die zentrale Frage, die wie ein Damoklesschwert über dieser Debatte hängt, lautet jedoch: Wie viel Zuwanderung ist tatsächlich angebracht? In einer hitzigen Diskussion in der Sendung "Let's Talk" argumentierte die Migrationsforscherin Denise Efionayi, dass die Migration nicht zwangsläufig als Problem betrachtet werden sollte. Vielmehr müssten wir sie als wertvolle Ressource und potentielles Kapital erkennen. Efionayi verweist auf die pragmatische Haltung der Schweiz gegenüber den Flüchtlingen aus der Ukraine als leuchtendes Beispiel für den Nutzen, den die Migration bieten kann, wenn sie gut gemanagt wird.
Integration, so Efionayi, wird dann erfolgreich erreicht, wenn die Neuankömmlinge von Anfang an eingebunden und akzeptiert werden. Die Schweiz verfügt über eine reiche Erfahrung in dieser Hinsicht. Dennoch warnt sie, dass oft erst die zweite Generation vollständig in der Gesellschaft ankommt und die Qualifikationen und Fähigkeiten ihrer Eltern voll ausnutzen kann.
Die Debatte um Regulierung und die "10-Millionen-Schweiz" Initiative
Trotz der offensichtlichen Vorteile stellt sich die Frage, ob die Schweiz ihre Zuwanderung regulieren sollte. Der Soziologe Sandro Cattacin argumentiert, dass eine Regulierung und eine modernere Herangehensweise an die Migrationspolitik notwendig seien. Die aktuelle Migrationspolitik, so Cattacin, erfülle nicht die Bedürfnisse der Gesellschaft.
Die Initiative der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) "Keine 10-Millionen-Schweiz" wurde am 1. Juli lanciert und führte zu hitzigen internen Debatten innerhalb der Partei. Während der konservative, migrationskritische Flügel für die Initiative kämpfte, warnten liberalere Kreise vor den möglichen negativen Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft.
Die Initiative zielt darauf ab, dass die Schweiz bis 2050 die Schwelle von zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern nicht überschreitet und fordert die Einführung eine Zuwanderungsbremse. Darüber hinaus verlangt die Initiative vom Bundesrat einen Plan zur "eigenständigen Steuerung der Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern durch Höchstzahlen und Kontingente".
Cattacin betrachtet die Initiative "Keine 10-Millionen-Schweiz" als eine "sehr gefährliche Kombination" mit einer "Instrumentalisierung der Ausländerfeindlichkeit" auf der einen Seite und einer "konservativen Schweiz, die sich gegen Stadt und gegen Migration inszeniert" auf der anderen Seite. Er betont, dass die Städte derzeit aktiv auf der Suche nach Zuwanderung sind.
Perspektiven aus dem Ausland auf die Migration
In der "Let's Talk"-Diskussion bringen auch drei Auslandschweizer ihre Sichtweisen ein. Einer von
ihnen, Hans Broder, Mitglied der SVP International und in Mexiko Stadt ansässig, betont, dass Konflikte entstehen, wenn Migration nicht reguliert wird. Er sieht die Notwendigkeit, sowohl auf die wirtschaftlichen Vorteile der Migration zu achten, als auch mögliche gesellschaftliche Spannungen im Auge zu behalten.
Walter Denz aus Lettland, Mitglied der FDP International, äussert Zweifel daran, dass die EU die Herausforderungen an den europäischen Aussengrenzen bewältigen kann. Pascal Cuttat, der in Nairobi arbeitet und Nationalratskandidat der SP ist, betont hingegen den Konsens in der Schweiz, dass Schutzsuchenden Schutz gewährt werden sollte.
Insgesamt zeigt sich, dass die Debatte um Zuwanderung und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt von einer Vielzahl von Perspektiven beleuchtet wird und weiterhin Gegenstand intensiver Diskussionen sein wird.
Quelle: SWI swissinfo.ch