Gig Economy - schöne, neue Arbeitswelt?
Veröffentlicht am 13.04.2023 von Marcel Penn, Marketing- und Verkaufsleiter Classifieds - Bildquelle: Getty Images
Die Gig Economy macht es Unternehmen leicht, schnell, einfach und kostengünstig Aufträge an
unabhängige Auftragnehmer zu vergeben. Dabei handelt es sich um kurzfristige Aufgaben, die einmalig an den sogenannten Gig Worker vergeben werden, ohne dass ein persönlicher Kontakt zwischen beiden Parteien stattfindet. Wie hat es die Gig Economy unter diesen Bedingungen geschafft, zu einer prosperierenden Branche aufzusteigen, und wie sehen insbesondere ihre Zukunftsaussichten aus?
Gig Economy - eine Definition
Typisches Merkmal der Gig Economy ist, dass kurzfristig Einzelaufträge an selbstständig arbeitende sogenannte Gig Worker vergeben werden. Die Auftragsvergabe geschieht regelmässig über Online Plattformen und mobile Apps, ohne dass sich Auftraggeber und Auftragnehmer persönlich kennenlernen. Auch die Bezahlung wird regelmässig über die Plattformen abgewickelt, hinter denen sich oftmals Agenturen verbergen.
Entstanden ist die Gig Economy in Folge der globalen Finanzkrise 2008/2009. Unsicherheit und Angst um den Job dominierten das Arbeitsklima, flankiert von einer hohen Arbeitslosenquote in den Vereinigten Staaten und in Europa. Eine schnelle Verbreitung des Smartphones sowie die fortschreitende Digitalisierung waren die Basis für die Gig Economy, die bei Auftraggebern und Auftragnehmern gleichermassen auf Begeisterung stiess. Da war es für viele Arbeitskräfte auch kein Problem, zu Preisen zu arbeiten, die deutlich unter dem üblichen Gehaltsniveau lag. Befeuert wurde die Euphorie durch windige Investoren, die grosse Summen investierten, um ebenso grosse Profite einzustreichen.
Jobs in der Gig Economy
Gig Economy hat sich mittlerweile in zahlreichen Branchen manifestiert, hier einige Beispiele:
- Fahrdienste: Plattformen wie Uber und BlaBlaCar bieten die Möglichkeiten, Fahrten zu buchen.
- Kreative Freiberufler: Wer einen Grafikdesigner, einen Texter oder Programmierer benötigt, fordert ihn über Upwork oder Fiverr an.
- Virtuelle Assistenten: Projektmanager, Empfangsmitarbeiter und Verwaltungsassistenten können über Fiverr und Fernarbeit.net eine flexible Beschäftigung finden.
- Dienstleistungen: Plattformen wie betreut.de und MyHammer offerieren Gig Worker als Heimwerker
- und Haushaltshilfen sowie für Botengänge.
- Lieferdienste: Nicht nur Lieferando und Amazon beliefern ihre Kunden und bieten die Möglichkeit, auch Lebensmittel und warmes Essen nach Hause liefern zu lassen.
Wie lohnenswert Gig Economy für Auftraggeber und Auftragnehmer ist, zeigen die Vor- und Nachteile, die damit verbunden sind.
Vorteile der Gig Economy:
- Gig Worker sind ihr eigener Chef. Sie entscheiden, wann, wie viel und wo sie arbeiten.
- Abhängig von der Leistung ist es auch über Online-Plattformen möglich, sich einen Kundenstamm von Auftraggebern zu schaffen, die immer wieder Aufträge an denselben Gig Worker vergeben.
- Aufgrund wechselnder Auftraggeber und wechselnder Themen ist die Arbeit als Gig Worker sehr abwechslungsreich.
- Gig Worker sind aus Sicht der Unternehmen eine kostengünstige Alternative zu festangestellten Mitarbeitern. Viel zu wenig werden diese Plattformen dazu genutzt, um neue Talente für das eigene Unternehmen zu akquirieren.
Nachteile der Gig Economy:
- Für Gig Worker bedeutet die Gig Economy ein unbeständiges Einkommen, das mit der Auftragslage und den konjunkturellen Schwankungen eng verbunden ist.
- Ein gravierender Nachteil sind ausserdem die fehlenden Sozialleistungen, um die sich der Gig Worker selbst kümmern und die er auch selbst bezahlen muss.
- Die enorme Flexibilität der Gig Worker und die permanente Suche nach Aufträgen kann nicht nur stressig sein, sondern auch einen Burnout bedingen. Kommen mehrere Aufträge auf einmal, muss der
- Gig Worker durcharbeiten. Diese Arbeitssituation hat massive Auswirkungen auf das Privatleben und
- die Work Life Balance.
Angesichts dieser Arbeitsbedingungen wundert es nicht, dass immer mehr Gig Worker weltweit den Aufstand proben und insbesondere gegen die schlechte Bezahlung aufbegehren. Näher erforscht hat die Gig Economy der Professor für Neue Medien und Digitale Kultur, Niels van Doorn, an der Universität Amsterdam. Er kommt nach intensiven Forschungen zu dem Ergebnis, dass die goldenen Jahre der Gig Economy vorbei sind. Investoren haben sich aufgrund des Unmuts der Gig Worker aus dem Geschäft zurückgezogen.
Einige Länder nehmen auch Forderungen der Gig Worker ernst, als Arbeitnehmer anerkannt zu werden, was insbesondere zu einem steigenden Einkommen führen würde. Verändert sich nichts, sieht van Doorn die Gefahr, dass die Gig Economy in den Niedriglohnsektor abtriftet. Gute Zukunftsaussichten sehen anders aus. Insoweit ist davon auszugehen, dass von der Gig Economy am Ende nur noch eine Handvoll der stärksten Plattformen übrig bleiben werden.